Jugendliche und junge Erwachsene, welche voll- oder teilstationär nach der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht sind, müssen pauschal 75% eines möglichen Einkommens als Kostenbeitrag abgeben. Einen Freibetrag gibt es nicht, und von der Heranziehung kann nur in bestimmten Fällen abgesehen werden, zum Beispiel, wenn die Verwaltungskosten in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stünden oder eine Tätigkeit dem „Zweck der Leistung“ dient. Dies ist der Fall, wenn nicht der Verdienst, sondern ein kulturelles oder soziales Engagement im Vordergrund steht. Entschieden wird dies vom zuständigen Jugendamt. Die Betroffenen haben kaum das Wissen und die Möglichkeit, im Zweifel einen Rechtsstreit zu führen. Diese Situation ist ungerecht und führt nicht dazu, dass die betroffenen jungen Menschen die Erfahrung machen können, dass sich Arbeit lohnt. Kinder- und Jugendliche, die in eine komplizierte Situation geraten, für die sie kaum selbst verantwortlich sind, werden bestraft und müssen möglicherweise zusehen, wie sie für typische Schülerjobs (z.B. Zeitungsaustragen) nur ein Viertel des sowieso schon nicht gerade üppigen Gehalts zur Verfügung haben.
Wir Jungen Liberalen fordern, dass für die Betroffenen die gleichen Regeln angewandt werden, die auch für Bezieher von Arbeitslosengeld II gelten; also (derzeit) ein Freibetrag in der Höhe von 100€, bevor der Großteil des restlichen Einkommens angerechnet bzw. als Kostenbeitrag eingesetzt wird. Sollte sich die Berechnung für Empfänger von ALG II ändern, so ist die Regelung für den besagten Personenkreis umgehend anzugleichen. Dadurch würden Jugendliche und junge Erwachsene, die regelmäßig viel verdienen weiterhin angemessen herangezogen werden und auch für Schüler würde sich ein Job lohnen. Unser Ziel ist es, dass jeder, der arbeiten möchte, dazu auch unter fairen Bedingungen die Möglichkeit hat und nicht durch erhöhte Abgaben benachteiligt wird.
Begründung: Die derzeitige Regelung zielt auf Hilfeempfänger ab, die entweder in einem Ausbildungs- oder aber bereits in einem festen hauptberuflichen Beschäftigungsverhältnis stehen. Bei diesem Personenkreis ist es nachvollziehbar und richtig, dass ein Teil des Einkommens als Kostenbeitrag verwendet wird. Schüler und anderweitig Beschäftigte haben keine Sonderregelung und fallen auch unter die pauschalen Abgaberegeln. Viele Aushilfsjobs für Minderjährige sind allerdings mit 6–10€ pro Stunde entlohnt – dies entspräche bisher einem Stundenlohn von 1,50–2,50€. Das ist höchst ungerecht und fördert mit Gewissheit nicht den Eindruck, dass sich Arbeit lohnt. Dieser Ungerechtigkeit liegt ein obskurer Denkfehler zu Grunde: Anders als zum Beispiel Arbeitslosengeld ist eine stationäre Kinder- und Jugendhilfe meist kein Schritt, den man eigenverantwortlich geht und sie hat zum Ziel, den jeweiligen Klienten dahingehend zu unterstützen und zu entwickeln, dass er ein selbständiges und eigenverantwortliches Leben führen kann. Der Staat übernimmt diese Aufgabe von den
vorherigen Erziehungsberechtigten, die entweder nicht in der Lage oder nicht willens sind, sie selbst zu übernehmen. Es wäre schlecht, wenn ein 16-Jähriger aus der Hilfeleistung ausscheidet, weil er durch sein Ausbildungsverhältnis selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen könnte, da womöglich einige pädagogische Ziele noch unerreicht sind. Die pauschale Anrechnung von Einkommen geht nun aber fälschlicherweise davon aus, dass genau dies möglich wäre und man den Klienten der Jugendhilfe wie Empfängern von Arbeitslosengeld etc. möglicherweise eine (Mit-)Verantwortung oder Schuld dafür, dass sie auf Kosten des Staates leben, geben kann. Daher werden sie aufgefordert, sich an den entstehenden (meist sehr hohen) Kosten zu beteiligen. Dies ist im Grundsatz richtig so – auch viele Familien führen ab einer bestimmten Einkommensstärke Systeme ein, damit sich die Kinder an den allgemeinen anfallenden Kosten beteiligen; dies auch auf kleine und hart erarbeitete Schülergehälter anzuwenden geht allerdings eindeutig zu weit und führt dazu, dass junge Menschen gegenüber anderen jungen Menschen in vergleichbaren Situationen benachteiligt sind. Da viele betroffene junge Menschen daher gar nicht erst zu Arbeiten beginnen (und somit der Gewinn für den Staat im Vergleich zu den Kosten der Unterbringung nur marginal sein dürfte) überwiegen die Nachteile die Vorteile ganz deutlich. Praktisch ist man als Betroffener derzeit dem Willen oder Nicht-Willen seines zuständigen Jugendamtsmitarbeiters unterlegen, welche Tätigkeit dem „Zweck der Leistung“ entspricht oder im Vergleich zu dem Verwaltungsaufwand zu gering bezahlt wird um angerechnet zu werden. Klare Regeln und Sicherheit gibt es nicht, und es muss stets damit gerechnet werden, dass doch noch eine Rechnung vom Landkreis kommt. Eine Anrechnung nach den Regeln fürs ALG II würde einen guten Kompromiss aller berechtigten Interessen darstellen und wäre auch das Logischste: Das Einkommen eines jeden, der auf Kosten des Staates lebt, wird gleich angerechnet und ein monatlicher Freibetrag erscheint für Schülerjobs angemessen zu sein. Die Schüler von heute sind die Steuerzahler von morgen – umso wichtiger ist es, sie auch so zu behandeln. Denn: Arbeit muss sich lohnen.